Schach boomt in Zeiten von Corona

Dass man Schach im Internet spielen kann, ist kein Geheimtipp. Schachspieler trainieren über Skype, Webinare, Videos auf YOUTUBE, Lernprogramme usw. Ganze Turniere werden im Internet ausgetragen. Aber seitdem sich ein großer Teil der Weltbevölkerung notgedrungen in den eigenen vier Wänden aufhalten muss, explodieren Schachplattformen förmlich. Zu guten Zeiten sind auf der Website des Marktführers chess.com schon einmal 200.000 Spieler gleichzeitig unterwegs, bei knapp 35 Millionen Mitgliedern. Logisch, denn während effektives Training für viele Sportarten schwierig bis unmöglich ist, gibt es für das königliche Spiel nur wenige Einschränkungen.

Natürlich, der Ligabetrieb und die Meisterschaften sind vorerst ausgesetzt. Der Bayerische Schachbund und der Schachverband Oberpfalz reagierten schnell auf die Krise und sagten schnell alle Wettbewerbe ab, z.B. die Oberpfalzmeisterschaften in Kareth-Lappersdorf. Und dennoch bricht die Szene nicht zusammen. Im Gegenteil: Die Vereine mit den meisten Jugendlichen der Oberpfalz – der Schachklub Schwandorf und der Schachklub Kelheim – organisieren ihr Training in Webinaren online. Zu den regulären Trainingszeiten wird sich mit dem Vereinstrainer in Konferenz getroffen. Strategie, Taktik, Wettkampfvorbereitung, Schachgeschichte und vieles mehr wird gelehrt und natürlich auch der Kontakt, das Soziale, werden weiterhin gehalten.

Und Wettkämpfe? Sie finden wie selbstverständlich weiterhin statt – zuletzt am Samstag der Oberpfälzer-Schachjugend-Cup. Eigentlich eine Turnierserie, für die sonst alle Interessierten bei einem Ausrichter im Schachbezirk Oberpfalz zusammenkommen, fand sie diesmal auf der Schachplattform chess.com statt. Martin Blodig, Vorsitzender der Schachjugend Oberpfalz, und sein Team von Helfern lud über die bekannten Kanäle ein wie sonst auch ein. Am Ende war es ein OSJ-Cup mit normaler Beteiligung. Insgesamt 90 Kinder und Jugendliche nahmen teil. Endlich konnten sie wieder Herausforderung und Wettkampf erfahren, den Geist trainieren und den Puls vor Aufregung hochtreiben. Ja, viele Kinder scheinen in diesen Tagen die Schule wirklich zu vermissen.

Kann man beim Online-Schach schummeln? Klare Antwort: Ja, das geht. Und das auf ganz viele Wege: Mama oder Papa sagen ein, nebenher läuft ein Computer mit Schachprogramm oder ganz klassisch mit offenem Schachbuch. Für Turniere gibt es deswegen extra „Anti-Betrugs-Software“. Sie vergleicht die übliche Spielweise eines Teilnehmers mit seinen tatsächlichen Zügen und errechnet eine Betrugswahrscheinlichkeit. Es kommt dabei öfters zu Turnierausschlüssen und Sperren. Auch beim OSJ-Cup am Samstag gab es eine Disqualifikation, nachdem sich die Züge einer Teilnehmerin zu fast 100% mit den Vorschlägen einer gängigen Schachsoftware deckten und sie damit alle Partien gewann.

Es ist also nicht alles Gold, was glänzt. Nach der Überwindung der Corona-Krise wird man also sehr gerne wieder zum analogen Schachturnier zurückkehren. Zudem trifft sich die Schachjugend Oberpfalz auch zur Pflege der Kontakte schon traditionell zweimal im Jahr für Aufenthalte in Jugendherbergen gemäß dem Leitspruch des Weltschachverbandes Fide „Gens una sumus“ (lat.: Wir sind eine Familie).

Und noch eine Tendenz lässt sich erkennen. Offensichtlich nutzen viele Erwachsene die Zeit zu Hause, Schach zu erlernen oder es ihren Kindern bei zu bringen. Auch das geht online, mit APP oder DVD mit „Fritz&Fertig“, der seit Jahren erfolgreichsten Schachlernsoftware. Auf den Schach-Servern findet man dieser Tage sehr viele Anfänger. Und so ist es für die Schachjugendlichen im Bezirk Oberpfalz sehr oft so, dass sie gegen Erwachsene spielen und gewinnen. Was für eine Motivation für Jugendliche.

Die Ergebnisse des OSJ-Web-Cups

U8

1.Timofej Pavlov (SC Bavaria Regensburg) 2.Quirin Fischer (SF Tegernheim) 3.Arthur Sitnik (SK Kelheim)

U10

1.Vincent Blodig (TV Riedenburg) 2.Nico Ruhland (RW Klettham) 3.Lorenz Fischer (SF Tegernheim)

U12

1.Vinzenz Schilay (SK Neumarkt) 2.Milo Müller (SC Windischeschenbach) 3.Katharina Lichtenegger (SF Tegernheim)

U14

1.Alina Müller (SC Windischeschenbach) 2.Paul Helmbrecht (FC Ergolding) 3. Korbinian Pritschet (SK Kelheim)

U16

1.Samuel Blodig (TV Riedenburg) 2.Pandu Bangsa (SK Kelheim) 3.Bastian Landmann (TSV Bindlach)

U18

1.Florian Gold (SK Kelheim) 2. Max Glaser (SC Furth) 3.Johannes Denz (SC Windischeschenbach)

Interview Paul Schickram, SK Schwandorf

Hallo Paul. Wie alt bist Du? 11 Jahre

Wie lange spielst Du schon Schach? Seit viereinhalb Jahren. Im Verein seit drei Jahren.

Und wie lange spielst Du schon online? Schon etwa seit einem Jahr.

Hast Du im Internet schon Erwachsene geschlagen? Ja, schon öfter gegen zufällig ausgeloste Gegener. Aber meistens verabrede ich mich mit meinen Freunden.

Ist ein Schachturnier im Internet schöner oder wenn sich alle wirklich treffen?

Beides ist gut. Aber besser ist es doch, wenn sich alle treffen. Es gibt starke Schachsoftware, da kann man schummeln. Außerdem steigen bei Online-Turnieren manche auch aus, wenn es am Anfang nicht gut läuft.

Interview Theresa Paar, SK Schwandorf

Hallo Theresa. Wie alt bist Du? 8 Jahre

Wie lange spielst Du schon Schach? Seit fünf Jahren. Im Verein bin ich seit drei Jahren.

Und wie lange spielst Du schon online? Seit dieser Woche.

Hast Du im Internet schon Erwachsene geschlagen? Ja, z.B. aus Peru, Libanon und den USA.

Ist ein Schachturnier im Internet schöner oder wenn sich alle wirklich treffen?

Am Bildschirm habe ich bessere Übersicht über das Schachbrett und muss nicht von oben draufschauen und dabei aufstehen. Bei richtigen Turnieren treffe ich aber viele Schachfreunde.

von Johannes Paar

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